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Details

Hangbohrung im Moseltal

19.02.2024

1. Projektvorstellung

LMR Drilling wurde durch die Hamburger Firma Sonnen Tiefbau GmbH im Juni 2023 für eine Machbarkeitsbeurteilung sowie eine Budgetermittlung für den Anschluss von Solarparks im Großraum des Moseltals bei Cochem angefragt. Dem folgte im September 2023 eine Baustellenbegehung in St. Aldegund, Rheinland-Pfalz. Daraus resultierte ein Angebot für eine 930 m lange HDD-Bohrung, mit einem Höhenunterschied von 280 m in felsigen Böden.
Ziel war es, ein Bündel von 4 Stück Kabelschutzrohren aus HDPE, OD 225 mm SDR 7,4 einzubauen. Diese HDPE-Rohre werden von der Firma Sonnen Tiefbau im Nachgang als Leerrohre für Stromleitungen genutzt, durch die gewonnener Strom aus Photovoltaikparks in das örtliche Netz eingespeist wird. Die Photovoltaikparks befinden sich verteilt auf hochgelegenen Plateaus (ehemaligen Weinanbauflächen) im Moseltal. Mittels verschiedener HDD-Maßnahmen werden diese Photovoltaikparks miteinander verbunden.
Die von der LMR Drilling durchgeführte HDD-Bohrung war keine „typische“ Bohrung. LMR-Drilling stellte gegenüber Sonnen Tiefbau dar, dass die Umsetzung dieser HDD-Bohrung bei solch großem Höhenunterschied eine besonders sorgfältige Arbeitsvorbereitung und umfangreiches Engineering erfordert. Für eine zügige Fertigstellung der Bohrung hat LMR Drilling die Ausführung der zu erbringenden Bohrarbeiten im 24/7 Betrieb angeboten, auch um operative Risiken zu reduzieren.
Die Arbeitsvorbereitung begann mit der Vertragsunterzeichnung Ende Oktober 2023.

2. Projektvorbereitung

Erfahrungen aus vergangenen Hangbohrungen halfen LMR Drilling, wichtige Punkte zur Umsetzung einer Hangbohrung zu erkennen und diese in die Arbeitsvorbereitung sowie in das HDD-spezifische Fach-Engineering einfließen zu lassen.

Eine Besonderheit war, dass die Bohrung talseitig zum Gipfel erfolgen sollte. Durch das „Bergaufbohren“ wurde ein durchgehend freistehendes Bohrloch ohne die Stützkraft von Bohrspülung hergestellt. Dieses Bohrloch würde nur im standfesten Fels sicher freistehen können. Da eine Stützung durch Bohrspülung aufgrund der Bohrlochgeometrie nicht erfolgt, entschied sich LMR Drilling, die Bohrung mit Wasser umzusetzen. Eine kontinuierliche Wasserversorgung konnte durch die Nähe zur Mosel gewährleistet werden. Für ein sauberes Bohrloch ist eine hohe Fließgeschwindigkeit im Bohrloch notwendig, um das Bohrklein aus dem Bohrloch „auszuspülen“.

Die übergebenen Bodenaufschlüsse und Erkundungsbohrungen durch Firma Sonnen Tiefbau waren leider wenig aussagekräftig in Bezug auf die Bodenverhältnisse im Eintrittsbereich der HDD-Bohrung.
Da die BE-Fläche der Startseite in einem Hang lag, wurde bei dem Bau der BE-Fläche ein Einschnitt in den Hang gebaggert, der anstehenden tonigen Boden darstellte (Abb.1).
Um zu ermitteln, welche Distanz zwischen Eintrittspunkt HDD und einer festen Felsformation zu stabilisieren ist, empfahl LMR Drilling dem AG, mittels HDD-Mini-Rig eine Testbohrung durchzuführen.
Diese Testbohrung ergab eine zu stabilisierende Distanz von ca. 48 m bis zur voraussichtlich fest anstehenden Felsformation, wobei ein toniger, durch Geröll gestörter Boden erkannt wurde.
Nach Abwägung verschiedener Verfahren zur Stabilisierung dieses Bodens entschied sich LMR Drilling in enger Abstimmung mit der Bauherrenschaft für den Einbau eines Stahlrohrcasings 813 mm x 16 mm mittels Bohrpressverfahrens.
Entscheidend war die Einbindung der Casinginstallation in die Felsformation, um eine angemessene Stabilisierung des Bohrloches zu gewährleisten und einen Nachfall oder eine Hinterläufigkeit des Casings durch verwendetes Wasser beim Bohren zu vermeiden. Durch das Einsetzen des Bohrpressverfahrens kann der Austrag mittels Bohrschnecken an der Oberfläche geprüft und eingeschätzt werden.
Zur Aufnahme von entstehenden Schub- sowie Zugkräften bei den Bohrpress- und HDD-Arbeiten konstruierte LMR Drilling ein entsprechendes Betonbauwerk, welches außerdem den Bohrstrang im Bohrloch gegen unkontrolliertes „Herausrutschen“ aus dem Bohrloch sichern sollte. Um die zusammenwirkenden Kräfte am Betonbauwerk im erforderlichen Maße abzufangen, wurde dieses durch ein Statikbüro dimensioniert.
Gespräche und Ortstermine erfolgten zusammen mit dem beauftragten Rohrbauer, der Sonnen Tiefbau GmbH und LMR Drilling. Hierbei wurden insbesondere eine geeignete Rohrschweißtrasse sowie eine Rohrführung für den Rohreinzug sowie Fertigstellungstermine ausgearbeitet.

3. Vorbereitende Arbeiten für den Start HDD

Um eine schnelle Umsetzung der Stahlbetonbauarbeiten zu gewährleisten, beauftragte LMR Drilling die Schwesterfirma LF Hoch- und Ingenieurbau. Nach einem Startgespräch begannen Anfang November 2023 umgehend die Stahlbetonbauarbeiten, die zum 20.11.23 beendet wurden. Dieser schnelle Fertigstellungstermin konnte durch professionelles Arbeiten sowie schnellabbindenden Beton gewährleistet werden.

Im nahtlosen Übergang mobilisierte ein beauftragter Subunternehmer ein Bohrpressgerät am Eintrittspunkt HDD zur Installation des Casingrohres. LMR Drilling unterstützte die Arbeiten mit Schweißern sowie einer Bauleitung zur Koordinierung der Arbeiten.
Nach vier Tagen Einsatz des Bohrpressgerätes und dem Einbau des Casings in 10-m-Segmenten, konnte das Casing durch eine Begehung mit Sicherheit nach 48 m in die Felssektion eingebunden werden (Abb.2).
Parallel zu den vorbereitenden Arbeiten wurde das LMR HDD-Equipment in Oldenburg für den Antransport auf die Baustelle und die anstehende Mobilisierung verladen.

4. Die Pilotbohrung

Nach einer zügigen Mobilisierung des HDD-Equipments wurde am 05.12.2023 mit den Pilotbohr-arbeiten begonnen (Abb.3).

Die erste Nachtschicht begann mit dem 07.12.2023, nachdem sich Crew und Equipment auf die Besonderheiten des Bohrens am Hang „eingespielt“ hatten. Die Bohrlochvermessungsarbeiten wurden mittels Kreiselkompass durchgeführt.
Im Bohrloch eingesetzt wurden Bohrmotor, Shock-Tool und 12,785“ Rollenmeißel.
Mit dem Fortsetzen der Pilotbohrung wurde ein kontinuierlich steigender Wasserzulauf in das Bohrloch festgestellt. Trotzdem gab es keine negativen Auswirkungen auf die Pilotbohrung, da der Wasserzulauf mittels Einleitgenehmigung, Aufbereitung und Verrohrung in die Mosel eingeleitet werden konnte. Parallel wurde der Wasserzulauf in das Bohrloch stetig überwacht.
Trotz der vorgefundenen gestörten Böden wurde die Pilotbohrung am 11.12.2023 zielgenau abgeschlossen. Nach Beendigung der Pilotbohrung wurden das Bohrklein sowie die Bohrberichte ausgewertet, wobei viele hilfreiche Informationen gewonnen werden konnten. Diese wurden in das Bohrprogramm für das anstehende Aufweiten des Bohrloches eingearbeitet.
Ab der gebohrten Station 670 m bis 930 m wurde erneut Ton bzw. gestörter Boden mit kiesigen bzw. steinigen Anteilen festgestellt. Aufgrund der Auswertung der Pilotbohrung hat sich LMR entschieden, das Pilotbohrloch schiebend mit Vorlaufgestänge aufzuweiten. Naheliegender Grund: Kein Verlust des Pilotbohrloches im gestörten Boden. Dieses Vorgehen bedeutete, eine voll ausgerüstete Zielseite auf dem Gipfel zu mobilisieren. Hierzu wurden alle Weichen in der Projektvorbereitung gestellt, sodass die Mobilisierung vor Weihnachten fertiggestellt war.
Am 15.12.2023 wurde die Weihnachtspause auf der Baustelle „eingeläutet“ (Abb.4).

5. Aufweiten des Bohrloches

Nach einer Verlängerung der Winterpause, die Überschwemmungen im Bereich des Moseltals geschuldet war, musste die Baustelle auf Schäden geprüft werden. Es wurde festgestellt, dass der gesicherte Hang im Hangeinschnitt teilweise abgerutscht war. Ursächlich dafür waren Starkniederschlagsereignisse im Zeitraum zwischen Weihnachten und Neujahr. Bei einem Treffen mit Auftraggeber und LMR Anfang Januar 2024 wurden gemeinsam Lösungen erarbeitet und umgehend durch den Auftraggeber umgesetzt.
Wetterprognosen für das anstehende Aufweiten des Bohrloches sagten starken Frost bis -14 °C sowie Schnee vorher, so dass besondere und weitgehende Umrüstarbeiten an der Bohrausrüstung an frostgefährdeten Punkten erforderlich wurden.
Mit Fertigstellung der Vorbereitungen konnte am 18.01.2024 mit dem Aufweiten des Bohrloches vom Tal zum Gipfel mit dem geeigneten Räumwerkzeug begonnen werden.
Nach weniger als 20 Einzelschichten im 24/7 Std.-Betrieb wurde das Aufweiten am 27.01.2024 beendet. Die Gefahr einer Zunahme des Wasserzulaufes in das aufgeweitete Bohrloch bestätigte sich nicht.
Während des Aufweitens des Bohrlochs kam es zum Austrag von Geröll und Felsbrocken mit einer Kantenlänger größer 63 mm. Dies veranlasste LMR, einen vorher beim Auftraggeber angemeldeten „Checktrip“ vom Gipfel ins Tal durchzuführen, wobei der Austrag aus dem Bohrloch stets überwacht wurde. Am Ende des „Checktrips“ war LMR sicher, ein freies Bohrloch erstellt zu haben.

6. Der Rohreinzug

Mit Beginn des Wasserzulaufs in das Bohrloch wurde auf Seiten des Auftraggebers begonnen, sich über ein Verdämmern des Bohrloches zu beraten, allerdings konnte auftraggeberseitig hierzu bis zum Rohreinzug keine finale Entscheidung getroffen werden. Um Möglichkeiten für ein nachträgliches Verdämmern zu schaffen, wurde LMR beauftragt, zusätzlich 3x DA75 SDR 7,4 PE-Rohre einzuziehen.
Nach Herstellung des nun freien und aufgeweiteten Bohrlochs konnte am 29.01.2024 mit dem Rohreinzug begonnen werden, der nach 24 Stunden erfolgreich und planmäßig mit dem Rohrpaket im Casing auf der Talseite beendet wurde; nennenswerte Zugkräfte am Rohr konnten nicht festgestellt werden. Umgehend wurde das Rohr tal- sowie gipfelseitig gegen ein „Herausrutschen“ aus dem Hang gesichert (Abb.5).
Um eine Verformung im Querschnitt der 4x OD225mm SDR 7,4 PE-Rohre auszuschließen, wurden diese vor dem Rohreinzug auf der Rohrtrasse mit einem Kalibermolch kalibriert. Dieser Vorgang wurde im eingebauten Zustand im Hang wiederholt. Ergebnis: Keine Verformungen im Querschnitt der Rohre.

7. Fazit

Mit dem erfolgreichen Rohreinzug am 30.01.2024 hat LMR Drilling das Projekt vor dem geplanten Fertigstellungstermin beendet.
Garant für diese schnelle, sichere und zufriedenstellende Umsetzung waren zum einen die kontinuierliche offene und ehrliche Kommunikation zwischen dem Bauherrn und dessen Partnern und Vertretern auf der einen Seite und den LMR-Projektmitarbeitern auf der anderen Seite sowie LMR-intern eine perfekte Zusammenarbeit von Tag- und Nachtschicht, eine klare Kommunikation zwischen den Mitarbeitern sowie eine von großer Erfahrung getragene und vorausschauende Planung.
Christian Weber, LMR-Drilling

PROJEKTINFO

PROJEKT Hangbohrung Hirzborn
AUFTRAGGEBER Sonnen Tiefbau GmbH
AUFTRAGNEHMER LMR Drilling
ZEITRAUM Oktober 2023 – Februar 2024

PERSONAL
PROJEKTLEITER Thomas Winkler
BAULEITER Christian Weber, Johannes Rotter
FACHARBEITER das gesamte LMR-Team
SUBUNTERNEHMER Holland Drilling, Ingenieurbau Ludwig Freytag, Brownline

GERÄTEEINSATZ
Bohranlage Rig 2500.9.3

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